Ein Referat ist „ein lebendiger und abwechslungsreicher, mehr oder weniger frei gehaltener Vortrag, in welchem man knapp den Gegenstand umreißt, um sodann eigene Wahrnehmungen und wissenschaftliche Deutungsperspektiven aufzuzeigen und Diskussionen mit den anderen Seminarteilnehmern anzuregen.„ (Jeßing 2009:151, Hervorhebungen hinzugefügt)
Mit dieser Definition eines Referats wird deutlich, dass es weitaus mehr leisten soll, als lediglich die harten Fakten vorzutragen. Ein Referat soll auch Interesse wecken, sich dabei an wissenschaftliche Kriterien halten und die Zuhörenden zum Denken anregen.
Bis zum eigentlichen Vortrag müssen bei jedem Referat einige grundlegende Dinge beachtet werden. Die Erarbeitung erfolgt dabei in typischen Phasen:
Rahmenbedingungen für Referate werden häufig vorab im jeweiligen Seminar geklärt, ggf. ist Rücksprache mit der Lehrperson nötig.
Praxisbezogene Hinweise hierzu in Händel et al. (2007:101ff.), zur medialen Unterstützung in Händel et al. (2007:129ff.).
Das Referat an sich gliedert sich in die Einleitung, den Hauptteil und den Schluss:
Hilfreich für den/die Vortragende*n ist das Feedback über das methodische Vorgehen und den Vortragsstil, was jede*r Dozent*in von sich aus anbietet. Deswegen solltet ihr nach jedem Referat, das ihr haltet, Feedback einfordern, wenn die Lehrperson von sich aus keines gegeben hat.
Ihr könnt euch natürlich auch von Kommiliton*innen Feedback einholen. In den Orientierungstutorien für Germanistik-Ersti üben wir das Geben und Nehmen von Feedback ein. Da ein Vortrag etwas sehr Persönliches ist - schließlich steht man vor einer Gruppe von Menschen, redet und gestikuliert dabei frei - gibt es bestimmte Regeln, die man beim Geben eines Feedbacks einhalten sollte.
Die Kunst beim Feedback Geben ist es, etwas zu sagen, ohne den Empfänger oder die Empfängerin des Feedbacks persönlich anzugehen oder gar zu verletzen:
Ein gutes Feedback …
Eine bekannte Art, Feedbacks zu geben, ist die sogenannte Sandwich-Methode: Hierbei beginnt man mit einem positiven Aspekt, woraufhin die Verbesserungsvorschläge genannt werden. Zum Abschluss des Feedbacks endet man jedoch wieder mit einer positiven Rückmeldung, wodurch das Verbesserungswürdige wohlwollend umhüllt ist und weniger bedrohlich für den Empfänger wirkt.
Es gibt jedoch auch Regeln, die die empfangende Person beachten sollte. So sollte man den Feedback Äußernden ausreden lassen und nicht unterbrechen. Auch sollte nicht der Versuch gestartet werden, sich zu rechtfertigen. Das Feedback sollte vielmehr angehört und bei Bedarf angenommen werden. Der/die Referent*in sollte hinterher selbst darüber entscheiden, welche Kritikpunkte er/sie akzeptiert und in Zukunft ändern möchte. Wenn ihr es in bestimmten Punkten jedoch für notwendig erachtet, etwas zu erklären, so notiert es euch und wartet bis zum Ende der Feedbackrunde.
Vgl. hierzu auch Händel et al. (2007:143ff.).
Die meisten Lehrenden erwarten ein Handout bzw. Thesenpapier bzw. Tischvorlage, das das Referat unterstützt. Die Bezeichnungen solcher Handouts – wir verwenden diesen Ausdruck als allgemeinen Oberbegriff ohne konkrete Bedeutung im Hinblick auf Form und Funktion – sind nach unserer Einschätzung nicht standardisiert: Was in dem einen Seminar Handout genannt wird, heißt im nächsten Thesenpapier und im dritten Tischvorlage. Unsere Empfehlung ist, solche Begrifflichkeiten zunächst außer Acht zu lassen und sich vielmehr an Inhalten und Funktionen zu orientieren und diese auch gezielt bei der/dem Lehrenden zu erfragen.
Dabei sehen wir folgende Funktionen und Inhalte als typisch an; die Listen sind allerdings sicherlich nicht abschließend und müssen ggf. ergänzt werden.
A) Mögliche Funktionen (alphabetisch sortiert, nicht abschließend)
B) Mögliche Inhalte des Handouts (alphabetisch sortiert, nicht abschließend)
Die Angabe der verwendeten Literatur ist obligatorisch; diese Literatur taucht allerdings am Ende des Thesenpapiers auf, vgl. Formalia unten.
C) Mögliche Zeitpunkte der Verteilung des Handouts
Jedes Handout hat
Genauere formale Vorgaben – so es solche gibt – erfragt ihr ggf. bei der/dem Lehrenden der Lehrveranstaltung.
Referate gehören zum Uni-Alltag dazu wie der Gang in die Cafete. Allerdings wird die Frage nach dem Warum eher selten gestellt: Warum müssen Studierende Referate halten? Warum sind Referate fester Bestandteil des universitären Alltags? Und warum ist das Referate-Halten sinnvoll? Wer jetzt schnell mit der Antwort „Dafür gibt es CP!“ kontert, verkennt die tatsächliche Bedeutung der Referate. Susanne Guckelsberger (2006:148 und 150; Hervorhebung getilgt) benennt diese Bedeutung folgendermaßen:
Zum einen dienen sie der fachlichen und wissenschaftsmethodischen Qualifizierung des referierenden Studenten selbst. […] [Sie] tragen […] aber nicht nur zur individuellen Professionalisierung eines einzelnen Studenten bei; der Zweck des Referats ist gerade auch in der Qualifizierung der anderen am Seminar beteiligten Studierenden zu sehen.
Damit macht sie die doppelte Qualifizierung deutlich, die mit Referaten verknüpft ist; und sie benennt auch den damit verbundenen, vorprogrammierten Rollentausch: Studierende schlüpfen versuchsweise in die Rolle von Lehrenden, sie vermitteln ihren Kommiliton(inn)en Wissen und schulen so die eigenen Präsentations- und Vermittlungskompetenzen.
Guckelsberger (2006:151f.) weist allerdings auch deutlich darauf hin, dass dieser Rollentausch gerade am Anfang eines Studiums mit einem kaum auflösbaren Widerspruch verbunden ist: Auch von Studierenden, die ihr Studium gerade erst begonnen haben, wird nach vollzogenem Rollentausch ein gewisses Maß an Professionalität erwartet, die aber noch nicht da ist („unzureichender Ist-Zustand der Professionalisierung“; Guckelsberger 2006:151, Hervorhebungen getilgt) – und auch noch nicht da sein kann: Denn die Professionalität beim Referieren erwerben Studierende durch Praxis, und diese fehlt zu Beginn des Studiums in der Regel – die in der Schule möglicherweise gehaltenen Referate unterscheiden sich wohl doch deutlich von dem, was im Studium erwartet wird. Dieses Dilemma aufzulösen erfordert von allen Beteiligten zunächst die Erkenntnis, dass es eben dieses Dilemma überhaupt gibt – und an die Erkenntnis müssen Handlungen anknüpfen: Insbesondere erste Referate an der Universität verlangen von Lehrenden klare Vorgaben, klare Erwartungen und vor allem viel Beratung.
Nach Guckelsberger (2006:148f.) erfordert die inhaltliche Vorbereitung von Referaten mindestens folgende Schritte:
Sinnvoll erscheint es, Studierenden am Anfang des Studiums Schritt 1 eventuell zu erlassen und Literatur vorzugeben – und zwar in einem bearbeitbaren Maß. Die Schritte 2 und 3 erfordern bereits wissenschaftspropädeutische Kompetenzen, die über das bloße Reproduzieren der Inhalte deutlich hinausgehen – hier ist wohl Beratung und Unterstützung gefragt; und zugleich müssen die Schritte transparent gemacht und reflektiert werden.
Dies ist vor allem deswegen erforderlich, weil zu einer inhaltlichen Vorbereitung „zwei Transformationsprozesse, denen die wissenschaftlichen Texte zu unterziehen sind“ (Guckelsberger 2006:149, Hervorhebung getilgt), gehören: die Transformation der in Schriftform vorliegenden Texte in eine vortragbare Form, also die Transformation von der geschriebenen zu gesprochenen Sprache, sowie die „didaktische Aufbereitung“ (ebd.), also die Transformation der Inhalte von Inhalten für Fachleute zu Inhalten für Noch-nicht-Fachleute. Und dieser zweite Transformationsprozess umfasst unweigerlich eine didaktische Reduktion – auch das muss deutlich gemacht werden, es kann nicht darum gehen, Inhalte vollumfänglich wiederzugeben.
Das Problem bei vielen Referaten ist nach unserer Erfahrung, dass diese inhaltlichen Prozesse in den Hintergrund rücken; im Sinne des von Wolf Wagner bereits 1977 so bezeichneten Uni-Bluffs steht das kompetente Auftreten im Vordergrund:
Durch meine Sprache, durch mein Verhalten signalisiere ich: „Ich weiß Bescheid, beherrsche Stoff genügend, um notfalls alles, was du dazu sagst, kritisch zerpflücken zu können. Fordere mich also nicht heraus!“ In diesem – meist unbewußten – Verhalten steckt die Erfahrung, daß diese Fassade von Sicherheit und Überlegenheit den anderen genügend Angst macht. Sie wagen es dann tatsächlich nicht, mich herauszufordern. (Wagner 1977:27)
Die Aufgabe propädeutischer Veranstaltungen – und insbesondere des Tutoriums – ist es, diesen Fehlschluss aufzudecken und den Blick auf die inhaltliche Vorbereitung zu richten; die technische Umsetzung ist hier sekundär.
Wichtiger ist es, im Zusammenhang mit der Referatsvorbereitung
Guckelsberger, Susanne (2006): Zur kommunikativen Struktur von mündlichen Referaten in universitären Lehrveranstaltungen. In: Ehlich, Konrad/Heller, Dorothee (2006) (Hrsg.): Die Wissenschaft und ihre Sprachen. Frankfurt am Main u. a. (= Linguistic Insights 52). S. 147-173
Händel, Daniel/Kresimon, Andrea/Schneider, Jost (2007): Reden – Argumentieren – Überzeugen. Stuttgart: Metzler (= Metzler Schlüsselkompetenzen)
Jeßing, Benedikt (2009): Arbeitstechniken des literaturwissenschaftlichen Studiums. Stuttgart: Reclam.
Wagner, Wolf (1977): Uni-Angst und Uni-Bluff. Wie studieren und sich nicht verlieren. Berlin (= Rotbuch 182)
Balzert, Helmut/Schäfer, Christian et al. (2008): Wissenschaftliches Arbeiten. Wissenschaft, Quellen, Artefakte, Organisation, Präsentation. Witten, Herdecke: W3L.
Fengler, Jörg (2009): Feedback geben. Strategien und Übungen. 4. überarbeitete und erweiterte Aufl. Weinheim, Basel: Beltz.
Franck, Norbert/Stary, Joachim (2008): Die Technik wissenschaftlichen Arbeitens. 14. Aufl. Paderborn: Ferdinand Schöningh.
Rothstein, Björn (2011): Wissenschaftliches Arbeiten für Linguisten. Tübingen: Narr.
Ursprungstext: Caner Kamisli; Daniel Händel | Überarbeitung: Jan-Nicolas Aslanidis & Steffen Waschul; Daniel Händel, Sandra Waldenberger