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   * **Formulierung eines Erkenntnisinteresses**: Grundsätzlich müssen wissenschaftliche Arbeiten das Ziel verfolgen, (wissenschaftliche) Erkenntnisse zu generieren. Dazu gehört neben der Formulierung von Hypothesen bzw. Leitfragen auch die Genauigkeit bei der Bearbeitung, das kritisches Hinterfragen bereits bestehender Erkenntnisse und eine gesunde Skepsis bei der Auseinandersetzung mit Ergebnissen anderer. Damit verbunden ist auf jeden Fall auch die Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands zum Untersuchungsgegenstand.    * **Formulierung eines Erkenntnisinteresses**: Grundsätzlich müssen wissenschaftliche Arbeiten das Ziel verfolgen, (wissenschaftliche) Erkenntnisse zu generieren. Dazu gehört neben der Formulierung von Hypothesen bzw. Leitfragen auch die Genauigkeit bei der Bearbeitung, das kritisches Hinterfragen bereits bestehender Erkenntnisse und eine gesunde Skepsis bei der Auseinandersetzung mit Ergebnissen anderer. Damit verbunden ist auf jeden Fall auch die Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstands zum Untersuchungsgegenstand. 
   * **Intersubjektivität**:((Bitte beachten Sie, dass die Begriffe Objektivität/Intersubjektivität, Reliabilität und Validität in erster Linie mit den Naturwissenschaften in der Verbindung gebracht werden und dort oft messbare bzw. statistische Daten betreffen. Auch in den Geisteswissenschaften haben die zugrundeliegenden Konzepte ihre Gültigkeit, auch wenn etwa in der Germanistik weniger gemessen und statistisch erfasst wird als in der Biochemie.)) Neutralität und Sachlichkeit beim wissenschaftlichen Arbeiten; Einbeziehung verschiedener Positionen zum Forschungsgegenstand -- die Erkenntnisse müssen unabhängig von persönlicher Meinung und eigenem Standpunkt auch für andere nachvollziehbar sein. Hier wird gelegentlich auch von //Objektivität// gesprochen; vgl. etwa die Definition von Adelung (1970) oben. Da Wissenschaft allerdings immer von Individuen betrieben wird, ist dieser Begriff unseres Erachtens unangemessen -- es werden stets auch subjektive Perspektiven ins wissenschaftliche Arbeiten eingebracht (etwa bereits durch die Auswahl eines Forschungsthemas), insofern ist Objektivität nicht nur nicht gegeben, sondern schlicht unmöglich. Zum wissenschaftlichen Arbeiten gehört aber unbedingt die Bewusstmachung des eigenen Standpunktes und dessen Reflexion -- nur so können Sie tatsächlich neutral und sachlich arbeiten. -- Ein wesentlicher Aspekt dieses Merkmals ist ein implizites Publikationsgebot: Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen in geeigneter Form veröffentlicht werden, damit sie einer intersubjektiven Prüfung unterzogen werden können.   * **Intersubjektivität**:((Bitte beachten Sie, dass die Begriffe Objektivität/Intersubjektivität, Reliabilität und Validität in erster Linie mit den Naturwissenschaften in der Verbindung gebracht werden und dort oft messbare bzw. statistische Daten betreffen. Auch in den Geisteswissenschaften haben die zugrundeliegenden Konzepte ihre Gültigkeit, auch wenn etwa in der Germanistik weniger gemessen und statistisch erfasst wird als in der Biochemie.)) Neutralität und Sachlichkeit beim wissenschaftlichen Arbeiten; Einbeziehung verschiedener Positionen zum Forschungsgegenstand -- die Erkenntnisse müssen unabhängig von persönlicher Meinung und eigenem Standpunkt auch für andere nachvollziehbar sein. Hier wird gelegentlich auch von //Objektivität// gesprochen; vgl. etwa die Definition von Adelung (1970) oben. Da Wissenschaft allerdings immer von Individuen betrieben wird, ist dieser Begriff unseres Erachtens unangemessen -- es werden stets auch subjektive Perspektiven ins wissenschaftliche Arbeiten eingebracht (etwa bereits durch die Auswahl eines Forschungsthemas), insofern ist Objektivität nicht nur nicht gegeben, sondern schlicht unmöglich. Zum wissenschaftlichen Arbeiten gehört aber unbedingt die Bewusstmachung des eigenen Standpunktes und dessen Reflexion -- nur so können Sie tatsächlich neutral und sachlich arbeiten. -- Ein wesentlicher Aspekt dieses Merkmals ist ein implizites Publikationsgebot: Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen in geeigneter Form veröffentlicht werden, damit sie einer intersubjektiven Prüfung unterzogen werden können.
-  * **Reliabilität**: Die Zuverlässigkeit einer wissenschaftlichen Arbeit misst sich v.a. an ihrer formale Genauigkeit -- durch Ausschließen von Stör- und Zufallsfaktoren in Messungen --; hier ist unseres Erachtens aber auch die methodische Transparenz zu verorten. Dazu gehört vor allem die möglichst exakte Beschreibung des methodischen Vorgehens, die Reflexion der verwendeten Methoden, die Dokumentation und Offenlegung aller Quellen und Daten (Texte, Befragungen, Experimente/Studien, Simulationen, Beobachtungen usw.) -- diese Quellen und Daten müssen auffindbar sein und damit auch grundsätzlich einer Überprüfung unterzogen werden können.+  * **Reliabilität**: Die Zuverlässigkeit einer wissenschaftlichen Arbeit misst sich v.a. an ihrer formale Genauigkeit (durch Ausschließen von Stör- und Zufallsfaktoren in Messungen); hier ist unseres Erachtens aber auch die methodische Transparenz zu verorten. Dazu gehört vor allem die möglichst exakte Beschreibung des methodischen Vorgehens, die Reflexion der verwendeten Methoden, die Dokumentation und Offenlegung aller Quellen und Daten (Texte, Befragungen, Experimente/Studien, Simulationen, Beobachtungen usw.) -- diese Quellen und Daten müssen auffindbar sein und damit auch grundsätzlich einer Überprüfung unterzogen werden können.
   * **Transparenz und Überprüfbarkeit**: Neben den bereits erwähnten Aspekten der methodischen Transparenz und der Dokumentation von Quellen und Daten gehört dazu auch die Strukturiertheit im Vorgehen: Wissenschaftliches Arbeiten und die Darstellung von Erkenntnissen bzw. Erkenntnisprozessen folgen einer logischen Ordnung, Argumentationen werden sauber dargestellt. Außerdem folgen wissenschaftliche Darstellungen bestimmten Konventionen (Regeln und Normen) -- es geht hier etwa um die Einhaltung von Richtlinien, Formalia und die angemessene Verwendung von Fachsprache (Terminologie, graphischen Darstellungssysteme etwa in der Mathematik usw.).   * **Transparenz und Überprüfbarkeit**: Neben den bereits erwähnten Aspekten der methodischen Transparenz und der Dokumentation von Quellen und Daten gehört dazu auch die Strukturiertheit im Vorgehen: Wissenschaftliches Arbeiten und die Darstellung von Erkenntnissen bzw. Erkenntnisprozessen folgen einer logischen Ordnung, Argumentationen werden sauber dargestellt. Außerdem folgen wissenschaftliche Darstellungen bestimmten Konventionen (Regeln und Normen) -- es geht hier etwa um die Einhaltung von Richtlinien, Formalia und die angemessene Verwendung von Fachsprache (Terminologie, graphischen Darstellungssysteme etwa in der Mathematik usw.).
   * **Validität**: Die mit einer Untersuchung/Studie erzielten Aussagen müssen belastbar sein. Das kann zum Beispiel die Zahl der Texte in einem Korpus und die Reichweite der damit zu treffenden Aussagen betreffen: Wenn Sie anhand eines Korpus von fünf regionalen Kurzgeschichten auf eine allgemeine Tendenz zur Verwendung von schriftsprachlichen Regionalismen in allen regionalen Kurzgeschichten schließen, ist das eine nicht besonders gut begründete Annahme -- die Validität der Aussage könnte mit Recht angezweifelt werden. Mit der verwendeten Methode muss also das untersucht/gemessen werden, was auch untersucht werden soll -- die Untersuchung eines repräsentativen, gut strukturierten Korpus kann durchaus zu allgemeinen Aussagen zur untersuchten Textsorte führen.\\ Bei Untersuchungen muss durch die Wahl der angemessenen Methode außerdem sichergestellt werden, dass sich Ergebnisse auf den Untersuchungsgegenstand beziehen. Störfaktoren müssen identifiziert und eliminiert bzw. -- falls das nicht möglich ist -- bei der Bewertung der Ergebnisse berücksichtigt werden. Das betrifft zum Beispiel das sog. Beobachter-Paradoxon, das auf Labov (1971:147ff.) zurückgeht, der es für die Untersuchung von gesprochener Sprache formuliert, das aber in der Germanistik für alle empirischen Studien eine Rolle spielt, in denen Interaktion bzw. Kommunikation durch eine dritte Person beobachtet wird.   * **Validität**: Die mit einer Untersuchung/Studie erzielten Aussagen müssen belastbar sein. Das kann zum Beispiel die Zahl der Texte in einem Korpus und die Reichweite der damit zu treffenden Aussagen betreffen: Wenn Sie anhand eines Korpus von fünf regionalen Kurzgeschichten auf eine allgemeine Tendenz zur Verwendung von schriftsprachlichen Regionalismen in allen regionalen Kurzgeschichten schließen, ist das eine nicht besonders gut begründete Annahme -- die Validität der Aussage könnte mit Recht angezweifelt werden. Mit der verwendeten Methode muss also das untersucht/gemessen werden, was auch untersucht werden soll -- die Untersuchung eines repräsentativen, gut strukturierten Korpus kann durchaus zu allgemeinen Aussagen zur untersuchten Textsorte führen.\\ Bei Untersuchungen muss durch die Wahl der angemessenen Methode außerdem sichergestellt werden, dass sich Ergebnisse auf den Untersuchungsgegenstand beziehen. Störfaktoren müssen identifiziert und eliminiert bzw. -- falls das nicht möglich ist -- bei der Bewertung der Ergebnisse berücksichtigt werden. Das betrifft zum Beispiel das sog. Beobachter-Paradoxon, das auf Labov (1971:147ff.) zurückgeht, der es für die Untersuchung von gesprochener Sprache formuliert, das aber in der Germanistik für alle empirischen Studien eine Rolle spielt, in denen Interaktion bzw. Kommunikation durch eine dritte Person beobachtet wird.
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-Ursprungstext: Romina Scheudoschi | Überarbeitung: Daniel Händel+Ursprungstext: Romina Scheudoschi | Überarbeitung: Daniel Händel, Sandra Waldenberger
  
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